Das Leipziger Führungsmodell

Purpose meint Wertbeitrag

Projekte sind erfolgreich, wenn die Beteiligten ein zueinander kompatibles Verständnis der aktuellen Sachlage benutzen. In der Praxis ist dies kaum der Fall. Daher ist es weit verbreitet, dass der Einzelne auf seine ihm – und nur ihm(!) – eigene Sicht und seine eigene, darauf aufbauende Handlungsstrategie zurückgeworfen ist und bleibt. Übergreifende Denken und Handeln wird verhindert.

Gestern fand die Hauptversammlung der Siemens Aktiengesellschaft statt. Draußen gab’s Proteste und drinnen zeigte sich: Ökologische und soziale Themen sowie Fragen der guten Unternehmensführung spielten auch für große Investoren eine immer größere Rolle. Die Legitimation des Geschäftsmodells wird wichtiger.

Das Leipziger Führungsmodell stellt denn auch den Purpose ins Zentrum der Orientierung von Entscheidungsträgern. Es gibt Impulse für konkrete Fragen und ermöglicht es, anhand des Modells eigenes oder fremdes reales Führungsverhalten in konkreten Situationen zu reflektieren.

Zu reflektieren ist der Zusammenhang von Aufgabe und die Mittel zur Erreichung von Zielen einer Zielhierarchie. Ihr Endzweck wird zu einem Purpose, wenn er die Legitimation des Unternehmens durch den generierten Wertbeitrag für die Gesellschaft begründet.

Der Gedanke des Purpose verbindet individuelles und kollasktive Denken, Tun und Unterlassen miteinder: Individuelle Ansichten über Wert und Bedeutung des Beitrages der Organisation für die Gesellschaft werden verknüpft mit den in den Purpose-Interpretationen in den organisationsinternen Kommunikationsnetzwerken; darin werden durchaus auch Beobachtungen über die Akzeptanz des generierten Wertbeitrages aus der Gesellschaft verarbeitet. Insofern umgreift der Gedanke des Purpose die individuelle, die organisatorische und die gesellschaftliche Ebene.

Wo dies gelingt, dort wird eine verbindende und für alle Beteiligten verbindliche gemeinsame Interpretation und Beurteilung von Ereignissen möglich. Damit wird organisationsintern eine tragende Basis für den Umgang mit sich eröffnenden Chancen, Risiken sowie für das Wirken von Konflikten geschaffen. Zugleich wird die erwartbare Akzeptanzder Stakeholder realitätsnah abschätzbar.

Im Idealfall benutzen dann die Betroffenen und die Beteiligten ein zueinander kompatibles Verständnis in der Bewertung des Wertbeitrages des Projektes für den Einzelnen, für die Gemeinschaft und für die Gesellschaft. Je besser dies erreicht wird, desto erfolgreicher werden die Projekte werden.

Organisation als Entwurf

Der im anglo-amerikanischen Raum verbreitete Ansatz des Organizational Design kommt nun unter dem Begriff Organisationsdesign im deutschen Sprachraum an. Im Kern geht es darum, für eine Organisation(seinheit) das bestmögliche Strukturmodell zu entwerfen, um in einem dynamischen Umfeld langfristig bestehen zu können.

Organisationsdesign sucht Lösungen zu Fragen der Koordination von zugeordneten Mitarbeitern, der Kooperation mit Projektpartnern auf Augenhöhe und der beteiligten Verantwortungsbereiche. Im Fokus stehen dabei Kommunikationsflüsse und Entscheidungsprozesse als wesentlich Säulen für die robuste Weiterentwicklung der Organisation.

Organisationsdesign meint die mehrperspektivische Gestaltung von Organisationen, die als soziale Systeme verstandenen werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf die Wechselwirkung der Gestaltungsbereiche untereinander. Der stets am gegebenen Kontext orientierte Designprozess hat in allen Phasen funktionale Beiträge zur Realisierung formulierter (strategischer) Ziele einer Organisation(seinheit) zu erbringen.

Das St. Galler Management-Modell bietet eine die traditionellen Denkansätze überschreitende Sprach- und Denkweise für die eine bewusste Reflexion von verteilten Wertschöpfungsprozessen. Modelliert wird das Zusammenwirken von Umwelt, Organisation und Management, ohne dass die Führungskräfte ohne eine dominante Rationalität zur Verfügung haben.

Die Anwendung des SGMM fördert das Generieren neuartiger und hilfreicher Sichtweisen auf die Management-Praxis. Dies kann in Arbeitstreffen geschehen oder in der Weiterbildung von (designierten)Führungskräften. Genauso kann auch die konkret erlebte Management-Praxis und ihre akuten Herausforderungen Gegenstand der Reflexion sein. Eine durchgehende Herausforderung ist und bleibt es, für die eigene eine Organisation(seinheit) ein effektives Strukturmodell zu entwerfen, um langfristig bestehen zu können. Genau das ist das Anliegen von Organisationsdesign.

Die direkte Begegnung

In einer zwischenmenschlichen Begegnung ereignet sich unendlich viel zulgeich. Jede beteiligte Person hat das “ich” vom “du ” zu unterscheiden. Und jede Person hat zu bedenken, dass das sich Zusammenspiel von “ich” und “du” in einem mitgedachten “Kontext” entfaltet.

Im Sinne der Gesetzte der Form von Spencer-Brown kann daher eine zwischenmenschliche Begegnung modelliert werden als eine Unterscheidung zwischen “ich” (meine Perspektive als marked space) und “du” (die Perspektive meines Gegenübers als unmarked space), einem re-entry dieser getätigten Unterscheidung sowie einem zumindest implizit mitgedachten Kontext (einem Raum der Bedingungen der Möglichkeiten, der an sich immer auch anders ausgefüllt sein könnte und daher lediglich als empty space – als befüllbarer Behälter – verstanden werden kann.

Als Kontext kann man hilfreicher Weise den Geltungsbereich von “Spielregeln” verstehen; sowohl die einzelnen Regeln als auch der Geltungsbereich sind dabei weder genau umrissen und daher vielfältig variabel. Daher ist es für das Gelingen einer zwischenmenschlichen Begegnung von enormer Bedeutung, die jeweils gelten sollenden “Spielregeln” zu bestimmen. Die Frage lautet dann: Wozu sollen welche Regeln jetzt, hier für uns gelten?

Sollte in der Begegnung eine Entscheidung getroffen werden, dann gehört zu ihrer adressatenorientierte Mitteilung immer auch die Bekanntgabe des Geltungsbereiches der angewandten und weiterhin anzuwendenden Regeln. Das ermöglicht Berechenbarkeit.