Die direkte Begegnung

In einer zwischenmenschlichen Begegnung ereignet sich unendlich viel zulgeich. Jede beteiligte Person hat das “ich” vom “du ” zu unterscheiden. Und jede Person hat zu bedenken, dass das sich Zusammenspiel von “ich” und “du” in einem mitgedachten “Kontext” entfaltet.

Im Sinne der Gesetzte der Form von Spencer-Brown kann daher eine zwischenmenschliche Begegnung modelliert werden als eine Unterscheidung zwischen “ich” (meine Perspektive als marked space) und “du” (die Perspektive meines Gegenübers als unmarked space), einem re-entry dieser getätigten Unterscheidung sowie einem zumindest implizit mitgedachten Kontext (einem Raum der Bedingungen der Möglichkeiten, der an sich immer auch anders ausgefüllt sein könnte und daher lediglich als empty space – als befüllbarer Behälter – verstanden werden kann.

Als Kontext kann man hilfreicher Weise den Geltungsbereich von “Spielregeln” verstehen; sowohl die einzelnen Regeln als auch der Geltungsbereich sind dabei weder genau umrissen und daher vielfältig variabel. Daher ist es für das Gelingen einer zwischenmenschlichen Begegnung von enormer Bedeutung, die jeweils gelten sollenden “Spielregeln” zu bestimmen. Die Frage lautet dann: Wozu sollen welche Regeln jetzt, hier für uns gelten?

Sollte in der Begegnung eine Entscheidung getroffen werden, dann gehört zu ihrer adressatenorientierte Mitteilung immer auch die Bekanntgabe des Geltungsbereiches der angewandten und weiterhin anzuwendenden Regeln. Das ermöglicht Berechenbarkeit.

Praxis besteht aus Praktiken

Das aktuelle SGMM bezeichnet ein Zusammenspiel von Aktivitäten mit gleichem Bezugspunkt als Praktik. Hierbei sind Handlungen (z. B. ein Spiegelei braten), der Gebrauch von Artefakten (z. B. Pfanne, Herd) und getätigte Kommunikationen (z. B. „Jetzt ist es gut“) miteinander verbunden. Jede beobachtbare Praktik ist weder notwendig noch unmöglich und könnte auch anders sein.

Praktiker sind also Personen, die in einer konkreten Situation bestimmte (erlernte) Praktiken bedenken und situationsangepasst anwenden. Ihr (intellektuelles) Handeln erfolgt maßgeblich aufgrund von habitualisiertem Wissen. Sie beobachten, fühlen, denken, entscheiden und sprechen oft ohne bewusstes Nachdenken aufgrund verinnerlichter Gewohnheiten, die durch Erziehung, Bildung und Sozialisation geformt werden.

Aus diesen Handlungen ergibt sich die erlebbare Praxis. Insofern kann man ein Unternehmen verstehen als Gefüge von Praktiken ohne fest definierte Grenzen. Das Erhöhen der eigenen Wirksamkeit gelingt daher nur über das Nachdenken über eigene Gewohnheiten im Denken, Fühlen, Beurteilen und Handeln. Passen sie noch zum jetzigen Leben oder sollten sie verändert werden?

Wirksames Management vollzieht sich daher immer in Praktiken, die in ihrem Zusammenspiel als “Management-Praxis” im SGMM verortet sind. Das Kennen, Können und Beherzigen der von “den Managern” einer Unternehmen anerkannten Praktiken ist somit der Garant für ein tragfähiges Handeln in einer Managementfunktion dieser Unternehmen.

Das aktualisierte SGMM

Die 3. Generation des SGMM (2003) war eine verdichtete, integrative Darstellung der zentralen Bezugspunkte der privatwirtschaftlichen Wertschöpfung: Umwelt und Unternehmung

Die völlig überarbeitete 4. Generation des SGMM (bis 2017) war eine integrative Darstellung zentraler Bezugspunkte der verteilten, arbeitsteiligen Wertschöpfung. Mit einer durchgehend kommunikationszentrierten Perspektive wurden Umwelt, Organisation und Management als aufeinander bezogene, analytisch zu unterscheidende Gestaltungssphären modelliert. Hierfür wurde eine Reflexionssprache geboten, mit der grundlegende Probleme des Managements komplexitätsgerecht diskutierbar geworden sind.

Mit der didaktisch aufgearbeiteten Version (2019) wird die organisationale Wertschöpfung in einer zunehmend komplexeren Welt modelliert. Zunächst wird in ein einer Aufgabenperspektive die Gestaltung des Zusammenspiels von Umwelt, Organisation und Management mit vielen Anknüpfungspunkten zur traditionellen BWL diskutiert. Dann werden in einer Praxisperspektive grundlegende kulturelle und kommunikative Voraussetzungen dargelegt, die ein wirksames Managements erst ermöglichen.

St.Galler Management-Modell bietet im Grundlagenwerk (2017) eine ausgefeilte kommunikative Modellierung des Zusammenspiels von Umwelt, Organisation und Management mit einem wiss. Ansatz. Ergänzend dazu bietet der didaktisch aktualisierunge Ansatz (2019) eine anwendungsorientierte Reflexionshilfe auf dem neuesten Stand von Forschung und Praxis des Managements. Damit wird es möglich, das konkrete Erleben in einer Unternehmung anhand von bedeutsamen kategorialen Merkmalen zu beschreiben, zu analisieren und zu überdenken.

Die Seifenblase

Eine frei im Raum schwebende Seifenblase ist ein perfektes Beispiel für die Gültigkeit der Kalküls von George Spencer-Brown.

Die Seifen(laugen)blase lässt ein Inneres von einem Äußeren unterscheidbar werden. Die Lauge trennt das Innere von dem Äußeren und verbindet sie zugleich miteinander.

Diese Unterscheidung (distinction) wird mit dem Wort „Seifenblase“ markiert (marked space). Kontext, Umgebung bzw. Bedingung der Möglichkeit, das überhaupt etwas da ist, werden zugleich nicht benannt und sind daher unmarkiert (unmarked space).

Sollte die Unterscheidung nicht mehr möglich sein (weil die Blase geplatzt ist), dann wird nichts mehr benannt und es bleibt ein leerer Raum (empty space) übrig.

Man kann also feststellen: Worte benennen keine Objekte oder Sachzusammenhänge; Worte benennen die Operation des Unterscheidens zwischen dem, was sie benennen und dem, was sie nicht zugleich mitbenennen (obwohl es dennoch “da” ist).