Gedanken von Effektivität und Effizienz sind erweiterbar um einen Purpose. Beim Entwerfen von Entwicklungsmodi ist dies ebenso hilfreich wie die Anwendung des Formenkalküls.
Weiterentwicklung der Wertschöpfung
In China greift ein bislang unbekanntes Virus um sich und nach wenigen Wochen sind weltweite Lieferketten bedroht. So drohen aktuell Lieferengpässe bei wichtigen Medikamenten, deren Wirkstoffe in Asien hergestellt und derzeit viel zu wenig geliefert werden. Das spüren dann auch Apotheken in Deutschland. Bei derart kurzfristigen Veränderungen des marktlichen Umfeldes ist jede Organisation(seinheit) gut beraten, ihre Wertschöpfung regelmäßig auf eine nötige Anpassung an neue Bedingungen zu prüfen.
Das St.Galler Management-Modell erfasst Reflexionen dieser Art in der Modellkomponente Entwicklungsmodi innerhalb der Aufgabenperspektive, in der es um die betriebswirtschaftliche Aufgabenbewältigung geht. Angestrebt werden soll eine dynamische Weiterentwicklung der derzeitigen Wertschöpfung. Sei es durch Optimierung des Bestehenden oder durch Sicherung eines neu erreichten Standards. Auf welchen Wege kann man in diesem Zusammenhang Effektivität und Effizienz miteinander vereinen?
Vom Purpose zum Ziel
Peter Drucker verstand Effektivität als Zusammenhang von bewirkten Folgen und anfänglicher Zielsetzung; den Zusammenhang zwischen Output und Input hingegen verstand der als Effizienz. Heutzutage hingegen wird die Forderung nach einem Purpose immer stärker diskutiert. Ist das wirklich ein grundlegend neuartiger Gedanke?
Druckers Gedanke war: Ein vorab definiertes Ziel wird zu erreichen versucht, indem Ressourcen bereitgestellt, Aktivitäten durchgeführt und kurzfristige Ergebnisse erreicht werden, die dann mittelfristige Folgewirkungen nach sich ziehen. Mit der heute immer stärker diskutierten Orientierung an einem Purpose, verstanden als einen Wertbeitrag für die Stakeholder, der die Legitimation der Organisation(seinheit) sichert, könnte man den Gedanken von Drucker nahtlos ergänzen mit: Die bewirkten mittelfristigen Folgen haben deutliche Bezüge zum generierten langfristig wirkenden Wertbeitrag für die Gesellschaft (Purpose), an dem sich die anfängliche Zielsetzung bereits orientierte.
Anwendung des Formenkalküls
Mit der Notation des Formkalküls von George Spencer-Brown (1969, 2008, 2009) sind Unterscheidungen beschreibbar, die von Beobachtern getroffen werden um Zustände zu bezeichnen, die von anderen Zuständen unterschieden werden. Damit ist der in einem formulierten Arbeitspaket anzustrebende Zusammenhang von Effizienz, Effektivität und Purpose modellierbar. Es können dabei sogar verschiedene Akzente von unterschiedlichen Beobachtern (z. B. einem Controller und einem Strategen) erfasst werden.
Die obere Modellgleichung liest sich wie folgt: Ein gut ausformuliertes Arbeitspaket ist mehrfach bestimmt: Sie bewirkt praktische Resonanz, indem es Beobachter den verfügbaren Input (Ressourcen), die Aufgabenbewältigung (zu vollziehende Tätigkeit) und den angestrebten Output (kurzfristiges Resultat) voneinander unterscheiden lässt. Diese Unterscheidungen erfolgen im Hinblick auf einen zu erwartenden Outcome (mittelfristige Folgewirkung), der sich bezieht auf den zu leisteten Purpose (langfristiger Wertbeitrag für die Stakeholder). In dieser Modellgleichung ist der verfügbare Input im tiefsten Raum notiert. Der Akzent liegt somit auf der Ressourcenorientierung: Die verfügbare Ressourcenausstattung sichert das Geschäftsmodell.
Es ist allerdings durchaus auch möglich, den Akzent anders zu setzen. Eine Möglichkeit zeigt die untere Modellgleichung. Sie ist so zu lesen: Ein gut formuliertes Arbeitspaket bewirkt praktische Resonanz, indem es Beobachter den grundsätzlich zu leisteten Purpose (langfristiger Wertbeitrag für die Stakeholder), den zu erwartenden Outcome (mittelfristige Folgewirkung) und den angestrebten Output (kurzfristiges Resultat) voneinander unterscheiden lässt. Unterscheidungen erfolgen im Hinblick auf eine zu leistende Aufgabenbewältigung (zu vollziehende Tätigkeit) mit Bezug zu einem aktuell verfügbaren Input (Ressourcen). In dieser Modellgleichung ist der bezweckte Purpose im tiefsten Raum notiert. Der Akzent liegt somit auf der Purposeorientierung: Der generierte Purpose (langfristiger Wertbeitrag für die Stakeholder) sichert das Geschäftsmodell durch die wirksame Akzeptanz seitens der Gesellschaft.
Stakeholder statt Shareholder
Eine regelmäßige Weiterentwicklung der zu verantwortenden Wertschöpfung ist in Zeiten des permanenten Wandels ratsam. Das St.Galler Management-Modell erfasst die Gestaltung der eigenen Entwicklungsmodi im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Aufgabenbewältigung. Die traditionelle Ressourcenorientierung ist dabei eher kurzfristig angelegt und gut kompatibel zum Controlling. Und sei nimmt die traditionellen Stakeholder stark in den Blick.
Hingegen ist eine Purposeorientierung langfristig ausgelegt und insofern kompatibel zur Strategie und derartigen Roadmaps. Zusätzlich aber hat die Purposeorientierung auch die Legitimität des Geschäftsmodells in den Augen der Stakeholder im Blick. Wenn also Neuerungen angedacht werden, dann gilt der Grundsatz: Vom Purpose zum Ziel.
Die verantwortungsvolle Unternehmensführung fragt bei der Gestaltung von Entscheidungen, Maßnahmen und Aufgaben, welcher Weg möglichst wirksam ist (Effektivität) und wie ein gewählter Weg aufwandsarm zu begehen ist (Effizienz), um mit begrenzten Mitteln in einem sich verändernden Wettbewerbsumfeld ein Ziel zu erreichen, das eine gesellschaftlich akzeptiertes und insofern legitimes Geschäftsmodell unterstützt (Purpose).